10 Tage mit Sarong, mit Seife, in Stille, ohne Schmuck, ohne Spiegel, ohne Schuhe...
Wie beginnt man einen Bericht ueber eine Sache, deren Ganzes und Wertvolles aus dem Schweigen bestand?
Es fuehlt sich so unmöglich an, die Erfahrungen dieser 10 Tage im Kloster im Sueden Thailands irgendwie in Worte zu fassen, die dieser vor allem gerecht werden.
Auf der einen Seite wuerde ich am Liebsten diese Erfahrung wie einen Schatz in meinem Herzen behalten, auf der anderen Seite möchte ich der Welt erzählen, wie unfassbar FANTASTISCH diese 10 Tage Schweigen waren. Wie wohltuend fuer Seele, Geist und Stimmbänder...
Um meinem Gedankenkarussel ein wenig Entschleunigung zu genehmigen, beschloss ich in den Sueden Thailands zu fahren und an einem zehntägigen Meditationsprogramm teilzunehmen, während dessen kompletter Dauer geschwiegen wird. Anapanasati - "Mindfulness with breathing" (Achtsamkeit von Atmung)... Dem Geist die Gelegenheit geben, ruhig zu werden, gedankenlos... Dem achtfachen Pfad folgen und mit den vier edlen Wahrheiten das Samsara ("Daseinskreislauf") zu durchbrechen... Das klang alles so spannend, so aufregend, so gut...
Nach kurzem Zögern (ICH soll 10 Tage SCHWEIGEN???), war recht schnell fuer mich klar, dass dies eigentlich genau das ist, was ich dringend brauche. Wer mich kennt, weiss, dass mein Kleines Köpflein niemals still steht, dass immer die Gedanken hämmern... Tag und Nacht... Diesem Gedankenkarussel wollte ich Gelegenheit geben, zum Halten zu kommen oder sich wenigstens langsamer zu drehen...
Das Motto des Temples/des Klosters "Wat Suan Mokkh" - das Hauptkloster - das später das Internationale Meditationszentrum speziell fuer solche Anapanasati-"Kurse" baute - lautet: "Live simply, aim high." ("Lebe einfach,doch strebe nach hohen Zielen"). Auf Basis dieses Grundsatzes bietet das Zentrum, alles was man zum Leben braucht, aber keine Unnötigkeiten.
Während der 10 Tage (mit Anmelde und Starttag und Schlusstag eigentlich 12 Tage), die man im Meditationszentrum verbringt - welches ca. 1km entfernt vom Haupttempel hinter einem Huegel im Wald liegt- , sind Frauen in einer Art Haus (ähnlich dem Stil einer schönen Kasterne) untergebracht, welches ein wenig den Charakter eines Schlafsaales aufweist. Die Wände sind duenn und ab einer gewissen Höhe "löchrig", weshalb man alle Geräusche wahrnimmt, als kämen sie direkt von nebenan. Dennoch hat jede Frau ihr eigenes kleine Reich mit Privatsphäre. Bescheiden, aber absolut ausreichend.
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Ausgestattet mit einem Bett - eine Betongpritsche mit einer Bambusmatte und einem Kopfkissen - ein sog. "Buddha pillow" - einer Art Holzklotz. Fuer meine Begriffe war das Bett immerhin riesig und obwohl es nur Betong war muss ich sagen, war es gar nicht mal so unbequem. Ich habe schon wesentlich schlechter geschlafen. Im Zimmer gab es eine Art Wäscheleine mit Kleiderbuegeln, auf denen Hab und Gut aufgebuegelt werden konnten. Angeblich hatten wir zu gewissen Zeiten sogar elektrisches Licht. Ich habe aber immer nur von der Laterne im Zimmer Gebruacht gemacht und generell versucht, eher das Tageslicht auszunutzen. Morgens um Vier war davon allerdings noch nicht so viel verfuegbar.
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mein Waschbecken, meine Dusche und meine Waschmaschine |
Im Innenhof des "Schlafhauses", standen mehrere Wasserbecken bereit, die wir uns teilen und als Waschbecken, Dusche und Waschmaschine dienten. Im hinteren Teil des Hauses waren ein paar Gemeinschaftstoiletten. Eine Mischung aus Thai-/Indien-Westernstyle. (Ohne Toilettenpapier, schliesslich wollen wir Bäume retten, und ohne fliessend Wasser [nur um die Eimer zum Spuelen aufzufuellen gab es fliessend Wasser].)
Zum "Duschen" mussten wir unseren Körper bedeckt halten und zu diesen Zwecken einen Sarong tragen.
Anfangs eine Herausforderung, welche ich schliesslich aber ganz gut meisterte, wenn es auch noch ungewohnt ist...
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Meditation Hall |
Es galt also von nun an, einem relativ strikten Tagesablauf zu folgen... Aufstehen um 04.00Uhr morgens. Geweckt durch das "geschlagen werden" einer grossen und lauten Glocke. Ein kurzes "Fertigmachen" unter dem Sternenhimmel, der so einzigartig war, wie ich ihn nicht einmal im Outback erlebt habe, dann ging es ueber die von Kerzen erleuchteten Wege zur Meditation Hall. Auf unseren Bambussäcken und Sitzkissen lauschten wir dort im Sand der Morgenlesung, gefolgt von einer ersten "Sitzendmeditation".
(Die Frauen sitzen auf einer Seite, die Männer auf der anderen.)
Nach der "Sitzendmediation" ging es fuer die Frauen und Männer in getrennte Hallen und wir begannen um 05.15Uhr mit unserem Yoga. Dies soll vor allem den "western people" helfen, die Schmerzen, die das lange ungewohnte Sitzen bei uns auslöst, besser ertragen und vielleicht sogar mindern zu können. Während wir also unsere steifen Muskeln und Glieder dehnen, wandelt sich das Dunkel der Nacht langsam zu einer Dämmerung und schliesslich taucht die Morgenröte den Himmel in ein sanftes Licht.
Auf dem Weg zurueck zur Meditationshalle bleiben die meisten von uns am Rande der Wasserbecken stehen und beobachten, wie die Sonne wie ein riesiger roter Feuerball (so ungewöhnlich riesengross!!!) am Horizont aufsteigt... Ueber die Wasseroberfläche ziehen sanft Nebelschwaden. Alles strahlt so eine Ruhe, so einen unglaublichen Frieden aus und beruehrt einfach jedes Herz.
Die Sonne taucht unsere Gesichter während des nächstens Meditationssitzung in ein wares Licht. Die Vögel zwitschern immer lauter und die Kälte und Moskitos weichen und machen Platz fuer einen neuen Tag.
Zum Fruehstueck gibt es Reissuppe, erhitztes Regenwasser und Bananen. Es wird gewartet, bis jeder genommen hat, dann wird gemeinsam eine "Food Reflection" gesprochen, ehe alle gemeinsam beginnen. Nach dem Fruehstueck ist es Zeit, die gemeinnuetzigen Haushaltsaufgaben zu erfuellen, die jeder uebernehmen musste, um einen Dienst an der Gemeinschaft zu erbringen. Wer Zeit hat, kann vor der nächsten Sitzung sich selbst oder seine Wäsche waschen...
Es folgen Sitzend- und "Gehendmeditationen", dann gibt es Mittagessen. Ich finde das essen sehr lecker, es macht satt und schmeckt gut. Zu Mittagessen gibt es Vollkornreis mit zwei vegetarischen Gerichten und das obligatorische Regenwasser. Ich bin begeistert, andere bevorzugen wohl KFC und McDonalds...
Der Nachmittag beginnt mit einem "Dhamma Talk" von einem englischen Mönch, fuer den die Hölle ein Platz wie England ist und dessen Vortäge rhetorisch so gigantisch sind, dass selbst mein Lateinlehrer und Seneca davon beeindruckt wären (wuerde der eine ins Kloster gehen und wuerde der andere noch leben :-) ). Sie beinhalten neben einer ordentlichen Portion Zynismus manchmal mehr "Witze" als Ernsthaftigkeiten und sind so erfrishend ehrlich, dass sie jedem von uns gut tun und neuen Mut machen. Manchmal war ich ein wenig verwundert, dass er seine Vorträge ueberhaupt halten durfte, nahm er doch kein Blatt vor den Mund und uebte so manches Mal recht heftig Kritik.
Es folgten Sitzend- und "Gehendmeditationen" und schliesslich hatten wir "Chanting".
Zum Abendessen gab es Tee oder heisse Schokolade - fuer manche wohl das Tageshighlight - fuer andere gab es warmes Regenwasser... Nicht ganz so highlightverdächtig. :-) Aber ich fragte mich sowieso, ob heisse Schokolade wirklich dem Motto entsprach????
Vor der Abendsitzun, sass ich vor meinem Zimmer und putzte die Zähne während ich die Sterne am Himmel beobachtete. Morgens nach dem Aufstehen und abends den selben Sternenhimmel zu sehen, ist eine Erfahrung, die man nicht alles Tage macht. Wir sitzen in der Halle, in der Ferne sieht man die Laternen oder das Licht der Taschenlampen der "Nachzuegler". Dann beginnt die Abendsitzung. Sitzendmediation zum Beginn und schliesslich "Gruppengehendmeditation". Einzig im Lich des Mondes - es ist Vollmond - geht es in der Gruppe um die Wasserbecken. Im Wasser spiegeln sich die 4 Kerzen am Rande des Beckens und in klaren Nächten kann man selbst die Sterne darin sehen.
Im Anschluss nochmals eine letzte Sitzenmediaton, dann geht es ab ins Bett bzw. auf die Bambusmatte.
Sonst immer von so vielen Gedanken geplagt, die das Einschlagen so schwer machen, schlafe ich hier innerhalt weniger Minuten ein. Und das, obwohl das Bett eine Betongpritsche ist...
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Meditieren unter Kokosnusspalmen und Bananenstauden |
Die Erfahrungen, die ich während dieser 10 Tage machte, waren einzigartig.
Im
Moment - zurueck in der realen Welt, die mich unglaublich ueberfordert -
bin ich irgendwie nicht in der Lage, angemessene Worte zu finden, um
euch davon zu berichten...
Nur so viel: Es war eine
Herausforderung, es war nicht immer einfach, aber es hat so unglaublich
gut getan und ich kann es jedem nur weiterempfehlen!!!
Bis dahin, alles Liebe, eure Melli
WE MADE IT
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Nikki und Cheri |